Adbustings im Bundeswehrmuseum: Unser Ausflug ins Militärhistorische Museum Dresden

Wir waren im Dezember auf Ausflug in Dresden. Wir haben uns das Bundeswehr-Museum angesehen. Denn das Museum hat den Ruf, angeblich voll mega kritisch zu sein und viele Bundis finden das Museum doof. Grund genug, uns da mal umzusehen. Und wir haben sogar einen Bericht darüber geschrieben. Hier ist er.

Früh Morgens nahmen wir den Intercity vom Südkreuz nach Dresden, verließen den S-Bahn Ring und starrten auf brandenburgische schneebedeckte Felder. Nach Komplikationen mit dem Deutsche Bahn Personal tauschten wir uns über Bekanntes zum Museum aus.

Das Museum

Angekommen in Dresden konnten wir schon bald den großen gelben Altbau erkennen, auf den scheinbar sowas wie ein überdimensionierter grauer Kran gekracht ist. Das Militärhistorische Museum in Dreseden will sich selber als modern und kritisch präsentieren. Dazu soll der fette Stahlbalken, der sich durch das ehemalige Zeughaus (große Waffenkammer) zieht, dienen. Mit diesem Design und moderner Museumspädagogik will sich das Museum von Verherrlichung von Gewalt und Militär abwenden. Im Vergleich zu anderen militärischen Museen mag dies auch gelungen sein. Trotzdem sind nicht viele kritische Ansätze im Museum zu finden. Diverse Kriegsmaschinen von Panzern über Raketenwerfer und einem Militärboot werden ohne Kontext um das Gebäude herum präsentiert. Chronologisch wird die deutsche Militärgeschichte gezeigt und neben unzähligen Waffen und Munitionen kann beispielsweise auch ein kleines Bild der Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner entdeckt werden. Es handelt sich also nicht um eine blinde Verehrung von Krieg und deutscher Militärgeschichte. Dennoch entsteht der Eindruck, dass immer genau so viel militärkritischer Kontext geboten wird, um etwaiger Kritik am Museum gerade so ausweichen zu können. An einer Stelle wird aber selbst dieser Mindestanspruch nicht erfüllt.

Deutsche Kolonialverbechen (Inhaltswarnung)

In zwei Vitrinen bietet das Museum Raum um auf die deutsche Kolonialgeschichte einzugehen, jedoch nicht auf die Kolonialverbrechen! Diese geschichtsrevisionistische Darstellung hat uns angewiedert und ist voller rassistischer Narrative. Zwischen kolonialer Raubkunst kann eine Tür geöffnet werden auf der „Zoo“ geschrieben steht. Dahinter können sich Fotos einer sog. „Völkerschau“ angesehen werden, wo Schwarze Darsteller*innen rassistischen Stereotypen zur Ergötzung der Bevölkerung entsprechen. Den einzigen „kritischen“ Verweis soll wohl die Frage „Was wohl die Menschen hinter dem Zaun gedacht haben?“ aufzeigen. Weiterhin wird mehrfach, zum Beispiel mit einer großen Gedenktafel, auf die deutschen Opfer in Kolonialgebieten hingewiesen. Der Völkermord an den Herero und Nama wird nur einer Stelle thematisiert und dazu noch verharmlost. So heißt es: „Manche Historiker*innen bezeichnen den Umgang der Deutschen mit den Herero als Völkermord“. Dieser Teil des Museums ist so nicht hinnehmbar und kann nicht stehen bleiben.

Lob für den militärisch-industriellen Komplex der Nazis

Weitere Austellungstexte und Stücke sorgen für Verwirrung. Zum zweiten Weltkrieg werden die industriell genutzen Arbeitslager als Pfeiler des Erfolges der nationalsozialistischen Kriegswirtschaft genannt. Historisch sicherlich nicht falsch, lässt doch diese groteske positive Formulierung die Herzen bestimmter Museumsbesucher*innen höher schlagen. Ein weiterer Raum soll zum Nachdenken anregen und eröffnet die Frage, inwiefern sich die aktuelle Bundeswehr positiv auf deutsche militärische Vergangenheit beziehen dürfte und diese als Vorbild nutzen kann. Dass diese Frage überhaupt eröffnet wird, ist problematisch, denn es gibt nichts vorbildliches an der deutschen Militärgeschichte.

Adbustingplakate

Um all diese Inhalte zu ertragen, brauchten wir eine kleine Stärkung und so hielten wir eine Mittagspause im Foyer ab. Danach erlebten wir eine Überaschung im zweiten Stock. Wir stolperten über sogenannte Adbustings. Adbusting ist eine Aktionsform, bei der Aktivist*innen entweder echte Werbeposter bekleben oder nur das Design klauen und eigene Poster mit subtiler kritik selber drucken lassen. Und das machen Leute auch mit Werbepostern der Bundeswehr. Die ausgestellten Plakatdesigns befinden sich am Ende der Austellung „Die Bundeswehr in der Ära Merkel – Krieg und Frieden 2005-2021“. Als Protest gegen den Tag der Bundeswehr gab es am 12.06.2021 in ganz Doofland Adbustings gegen die Bundeswehr, um den antimilitaristischen Tag ohne Bundeswehr zu zelebrieren (https://tob21.noblogs.org/aufruf/). Die Polizei konfiszierte damals mehrere Plakate und übergab sie scheinbar der Bundeswehr. Im Museum sind jedoch nicht die Originalplakate sondern in der Größe veränderte Nachdrücke zu sehen. Das Museum nutzt nun geschickt seine Deutungsmacht und so steht neben den antimilitaristischen Plakaten die Standardantwort der Bundeswehr auf Protest: „Wir kämpfen auch dafür, dass du gegen uns sein kannst“. Trotzdem ist es beachtlicht, dass der Tag ohne Bundeswehr in einer Austellung von der Bundeswehr präsentiert wird. Interessanterweise waren gleichzeitig mit uns eine Gruppe junger Bundeswehrsoldaten mit Führung im Raum. Den Bundis war das Plakat scheinbar bekannt. So murmelten sie: „Ach krass, das war ja erst 2021“. Leider konnten wir keine weitere Einordnung ihrerseits bemerken.

Dass antimilitaristischer Protest in Form von Adbustings es in ein Bundeswehrmuseum geschafft hat, kann als voller Erfolg gewertet werden. So wir deutlich, dass Adbustings anerkannter Teil der gesellschaftlichen Außeinandersetzung um die Bundeswehr sind. Die kritischen Botschaften sind für alle Besucher*innen zu sehen und werden hoffentlich die eine oder andere zu ähnlichem Protest inspirieren.

Nach mehreren Stunden militärischen Inputs und kritischem Nachdenken war das Schwierigste noch nicht überstanden. Nach Regen bei Minusgraden hat sich ganz Dresden in eine einzige Eisbahn verwandelt, was den Weg zurück erschwerrte.

Insgesamt waren wir nur einen Tag im Museum und konnten nicht alles sehen, darum kann dies auch nicht als vollwertige Analyse zum Museum dienen. Es lässt sich sagen, dass es bis auf die Kolonialgeschichte genug Kontext zum Nachdenken gibt, der eine kritische Einordnung zu Krieg und Militär möglich machen könnte. Wer dies nicht möchte, dem*der wird es zu einfach gemacht, wegzugucken. Dagegen sind die Adbustingplakate ein echter hingucker, an dem niemand einfach so vorbeigeht. Eine tiefere Analyse zum Museum, in der auch auf Nazis im Museumspersonal eingegnagen wird, kann hier gefunden werden: https://www.imi-online.de/2012/01/26/das-militarhistorische-museum-in-dresden-%E2%80%93-zwei-blickwinkel/

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