Israelkritik und Waffentests. Ein Kommentar.

In der Zivilcourage, der Verbandszeitschrift der DFG-VK ist mal wieder sogenannte „Israelkritik“. In der Ausgabe 2/2019 findet sich de Artikel „Realistische Waffentests“. Hier problematisieren Shier Hever und Wolfgang Landgräber, dass die israelische Armee u.a. in den USA Waffen kauft, und diese in der Region einsetzt. Die erfolgreichen Einsätze seien Werbung für die verwendeten Tötungsmaschinen. Dabei verwenden sie zweifelhafte Behauptungen und Thesen, die an antisemitische Stereotype anschließen (Triggerwarnung: Der Text zitiert jede Menge strukturell antisemitische Scheiße und benennt dies auch).

Nur in Israel?
Soweit, so richtig. Das Problem ist allerdings, dass der Artikel so tut, als finde dies lediglich in Israel statt. Ein nicht intendierter Nebeneffekt der Kriege im Irak und in Afghanistan sind ebenfalls de-facto-Waffentests und eine dadurch entstehende Werbewirkung. Auch die Fokussierung auf die USA hält eine genauere Betrachtung nicht statt. In den erwähnten Kriegen werden ebenfalls z.B. deutsche Waffen „getestet“, und die russischen Kampfeinsätzen in Syrien dürften ebenfalls positive Werbeeffekte für russische Waffensysteme haben.

Der „Agent Amerikas“?
Gleich im zweiten Absatz zeigt sich, wohin die Reise gehen soll, denn hier kommt die Postulierung, der israelische Staat sei „Amerikas Agent“, der dort eingreifen würde, wo die USA dies nicht könnten. Selbstbestimmtheit des Handels des israelischen Staates zeigt sich doch gerade im Konflikt mit den USA regelmäßig. Gerade die Militäreinsätze der Israelischen Armee in anderen Ländern gefährden regelmäßig amerikanische Interessen. Auch die Unterstellung, die israelische Armee würden für die USA handeln, hält einer kritischen Betrachtung nicht stand. In den Golfkriegen nutzen die USA gerade nicht israelisches Territorium z.B. als „Flugzeugträger“, sondern legte Wert auf eine Kooperation mit arabischen Staaten wie Jordanien, Saudi-Arabien und anderen Anrainer*innen wie die Türkei. Bei den aktuellen Interventionen in Syrien stützen sich die USA aus den selben Gründen nicht auf Israel.

Bürgerliche Moral
Im dritten Absatz kommt dann reichlich bürgerliche Moral ins Spiel und das Sterotyp-Feuerwerk beginnt so richtig: Die Israelis würden sich nicht wie eine echte richtige Militärmacht verhalten (Juden gehören nicht dazu), denn die Israelis würden die Entwicklung teuer, großer Waffensystem scheuen (Juden sind faul). Stattdessen kaufen sie diese zu Vorzugspreisen (!) bei den Amis ein (Juden schummeln). Darüber hinaus entwickeln die Israelis High-Tec im Aufklärungs- und Drohnenbereich (Juden sind gerissen). Mit diesen Drohen sind sie auch noch frecherweise Weltmarktführer (die Juden maßen sich Dinge an, die ihnen nicht zustehen). In diesem Fall die Rolle des Exportweltmeisters und des Weltmarkt-Führers, und das steht na klar ganz wem anders natürlicherweise und rechtmäßig zu).

Israel: Das Übel im Kapitalismus?
Noch schlimmer wird’s im vierten Absatz. Weil der israelische Markt nicht ausreiche, um die Entwicklung von dem Überwachungs-Kram zu re-finanzieren, verkaufen die Israelis an alle, die zahlen (Juden sind geldgeil und raffgierig). Sie liefern sogar in Krisengebiete (Juden sind moralisch skrupelos). Hier wird richtigerweise erklärt, wie es im Kapitalismus abläuft, aber so getan, als sei dass ein Alleinstellungsmerkmal der israelischen Kriegsindustrie. So wird die israelische Kriegsindustrie mit den Übeln das Kapitalismus gleichgesetzt.

Für eine antikapitalistische Perspektive
Wie fatal das ist, zeigt sich, wenn man diese These konsequent zu Ende denkt. Die Singularisierung der Anpassung der israelischen Kriegsindustrie an kapitalistische Spielregeln legt den Schluss nahe, dass man all das Böse im Kapitalismus mit einem Ende der israelischen Rüstungsindustrie erreichen könnte. Dabei würde eine nettere moralische Kriegsindustrie im Kapitalismus einfach pleite gehen und durch andere (z.B. deutsche oder russische?) Akteure ersetzt werden. Das dürfte zeigen, wie sehr eine Fokussierung auf Israel den Blick für eine antikapitalistische Analyse verstellt.

Der Artikel „Realistische Waffentests“ findet sich in der Zivilcourage 2/2019 auf Seite 24 bis 26.
https://www.dfg-vk.de/files/zivilcourage/ZC-0219/ZC-0219-WEB-Einzelseiten.pdf

Editoriale Anmerkung vom 30.12.2020: Im Absatz „Bürgerliche Moral“ war erst von „Deutsche bürgerliche Moral“ die Rede.

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