Awareness auf dem Aktions-Workshopwochenende „Retten statt Rüsten“

Vom 18.11.-20.11. ist unser Aktions-Workshopwochenende „Retten statt Rüsten“. Dabei möchten wir uns gerne kollektiv um Awareness kümmern, also alle zusammen etwas gegen Diskriminierung tun und allgemein einen guten Umgang miteinander finden. Im folgenden findet sich das Awareness-Konzept dafür. Alle Teilnehmer*innen werden dazu angehalten, es sich durchzulesen. Wenn ihr Kritik, Feedback oder Ergänzungen habt, könnt ihr eine E-Mail an amab@riseup.net schreiben. Dann können wir eure Änderungsvorschläge einarbeiten.

Inhalt:
1. Was ist Awareness?
2. Awareness-Maßnahmen auf dem Aktionswochenende
3. Definitionsmacht und Parteilichkeit
4. Intersektionalität
5. Vertraulichkeit
6. Praktische Tipps / Handlungsempfehlungen
7. Umgang mit der Polizei

1. Was ist Awareness?

„Awareness“ kommt aus dem Englischen und bedeutet „sich bewusst sein, achtsam sein, für gewisse Problematiken sensibilisiert sein“. In unserem Verständnis bedeutet Awareness auch ein aus dieser Haltung entstehendes Handeln. Es geht darum, verantwortungsvoll auf Diskriminierung(en) zu reagieren und diese von vornherein zu vermeiden. Grundlegend dafür ist, dass wir anerkennen, dass es in unserer herrschaftlichen Gesellschaft keine Räume und damit auch keine Partys/Fahrten/Gruppentreffen/Reisen/Kongresse gibt, die per se frei von Diskriminierung sind. Denn in einer Gesellschaftsform, die Ungleichheiten hervorbringt und unterdrückende Verhältnisse stetig durch die Gesellschaftsmitglieder reproduziert und aufrechterhält, ist es nicht möglich, sich frei von den Macht- und Herrschaftsverhältnissen zu bewegen.

Dieses Awareness-Konzept soll dazu beitragen, dass wir am Aktionswochenende aktiv etwas gegen Diskriminierung tun und mit deren Folgen sinnvoll umzugehen. Wir wollen das Bewusstsein für Diskriminierung, Übergriffe und sexualisierte Gewalt erhöhen, Reflektionsprozesse dazu anstoßen und durch Verantwortungsübernahme aller für eine möglichst sichere Umgebung sorgen.

Awareness ist unserem Verständnis nach ein kollektiver Prozess, an dem sich alle Teilnehmer*innen des Aktionswochenendes beteiligen müssen. Wenn wir also im folgenden von „wir“ schreiben, sind alle mitgemeint. Wir möchten konkret Betroffene von Übergriffen und Personen, die strukturelle Diskriminierung erfahren, unterstützen. Auch für Menschen, denen es aus anderen Gründen nicht gut geht, möchten wir da sein. Wir treten dabei parteiisch für die von Übergriffen betroffenen Personen ein. Das bedeutet, dass wir im Interesse der betroffenen Person handeln und ihre Wahrnehmung und Einordnung des erlebten Übergriffs nicht hinterfragen. Mehr dazu könnt ihr unter dem Abschnitt >Definitionsmacht und Parteilichkeit lesen.

Dabei sollten wir uns stets bewusst sein, inwiefern unsere eigene Positionierung in der Gesellschaft uns selbst zu einem Teil diskriminierender Strukturen macht. Jede*r von uns macht auch Fehler, weshalb wir offen für Feedback und Kritik sind.

Neben der Hauptaufgabe von Awareness, etwas gegen Diskriminierung(en) zu tun, wollen wir mit Awareness auch allgemein einen guten Umgang miteinander finden und dafür sorgen, dass Menschen in schwierigen Situationen unterstützt werden.

2. Awareness-Maßnahmen auf dem Aktionswochenende

Mit den folgenden Mitteln soll das eben beschriebene Verständnis von Awareness auf dem Aktionswochenende umgesetzt werden:

  • Zu Beginn beschäftigen sich alle Teilnehmer*innen in der Kennenlernrunde mit dem Thema Awareness. Dabei beschäftigen wir uns mit diesem Awareness-Konzept und werden in einem kurzen Workshop in Kleingruppen darüber reden, wie wir durch unsere Positionierung in der Gesellschaft persönlich von den Herrschaftsstrukturen profitieren (also welche Privilegien wir haben). Wir werden auch Raum dafür geben, konkret Wünsche und Forderungen für den Umgang miteinander zu äußern. Ziel ist auch, dass Leute in dieser Vorstellungsrunde Verbündete finden, an die sie sich im Fall eines Übergriffes wenden können.
  • Es wird am Aktionswochenende kein klassisches Awareness-Team geben, das alleine die Zuständigkeit für Awareness-Fälle übernimmt. Das liegt daran, dass wir die Verantwortung für den Umgang mit Übergriffen nicht einem Awareness-Team aufschultern wollen (und mangels Ressourcen und Leuten gar nicht können), sondern alle dazu aufrufen, aufeinander zu achten und gegen Diskriminierung aktiv zu werden.
  • Wir werden an einem abgesprochenen Ort ein Flipchart aufhängen, auf das Leute ihre Wünsche und Forderungen für den gemeinsamen Umgang am Wochenende schreiben können. Wir halten alle dazu an, sich das regelmäßig anzugucken und umzusetzen.
  • Für Leute, die etwas Scheiße fanden und es nicht direkt kommunizieren wollen, stellen wir einen Kasten zur Verfügung, in den man möglichst anonym Zettel mit Kritik einwerfen kann. Die Zettel werden dann bei der Auswertung ausgepackt und vorgelesen. Vermerkt bitte auf dem Zettel, ob ihr ihn nur vorgelesen haben wollt oder wollt, dass er in der Auswertungsrunde länger besprochen wird. Das machen wir so, weil bei einem längeren Gespräch womöglich doch rauskommt, wer den Zettel geschrieben hat.
  • Für Leute, die Kritik an die Organisierenden äußern möchten aber auch keine Lust auf das Zettelvorlesen in der Auswertungsrunde haben, haben wir Cornelia Mannewitz aus der DFG-VK Mecklenburg-Vorpommern als Kontaktperson. Ihr könnt ihr per E-Mail schicken, wenn etwas blödes passiert ist. Damit ihr dafür eine einmalige anonyme E-Mail-Adresse nutzen könnt, liegen neben dem Kasten für Kritik Einladungscodes für die Erstellung einer E-Mail-Adresse auf https://account.riseup.net aus. Cornelia wird die Kritik dann parteiisch mit euch an die Organisierenden weitergeben. Sie wird allerdings keine Vermittlungsperson für einen Aufarbeitungsprozess sein und euch auch nicht emotional unterstützen können.
  • In der Auswertungsrunde am Sonntag kann natürlich auch jede*r von euch verbal Kritik anbringen, die wir dann besprechen.
  • Jede*r von uns kriegt dieses Awareness-Konzept ausgedruckt in die Hand. Auf den Toiletten oder anderen schlecht einsehbaren Orten hängen wir Plakate auf, die das Konsensprinzip erklären. Diese sind als Handlungsaufforderung zu verstehen, sich vor sexuellen Handlungen und „Betreten“ des körperlichen Nahfelds/Privat- bzw. Intimsphäre um Konsens zu kümmern.
  • Es wird eine Ecke geben, an der Materialien (Bücher, Zines, Flyer) zu den Themen Awareness und Antidiskriminierung ausliegen.

3. Definitionsmacht und Parteilichkeit

Definitionsmacht

Das Konzept der Definitionsmacht ist als Gegenentwurf zum bürgerlichen Recht entstanden. Dort soll vermeintlich objektiv erfasst werden, ob ein Übergriff passiert ist oder nicht. Diese Objektivität gibt es in Wahrheit nicht: Die Einordnung von Übergriffen ist immer subjektiv. Im bürgerlichen Recht bestimmen dann Menschen in Machtpositionen (also zum Beispiel Politiker*innen, die die Gesetze schreiben, und Richter*innen, die letztendlich urteilen) dann vermeintlich objektiv, wie das geschehene Einzuordnen sei. Dabei haben priviligierte Menschen (vor allem weiße cis-Männer) einen erhöhten Zugang zu dieser vorgegaukelten Objektivität.

Die Definitionmacht erkennt an, dass die Einordnung von Übergriffen nur subjektiv erfolgen kann. Allerdings wird die Macht zu dieser Einordnung hier nicht Außenstehenden oder der gewaltausübenden Person gegeben, sondern der betroffenen Person. Nur die betroffene Person kann definieren, wann Gewalt anfängt und Grenzen überschritten wurden. Somit stellen wir auch das Benennen von Gewalt/Grenzüberschreitungen durch die betroffene Person nicht in Frage. Es ist irrelevant, wie der Übergriff für andere aussah und wahrgenommen wurde. Bestätigt die betroffene Person in ihrer Wahrnehmungsfähigkeit und fragt sie, was sie braucht.

Parteilichkeit

Parteilichkeit ist ein Handlungsgrundsatz, der zuallererst dafür da ist, der betroffenen Person Vertrauen zuzusichern. Das ist besonders wichtig, da bei einem Vorfall, bei dem es zu grenzüberscheitendem Verhalten gekommen ist, Vertrauen meist verloren gegangen ist. Neben genommenem Vertrauen wurde auch ein zuvor als sicher empfundener Raum plötzlich zerstört. Diesen gilt es wieder herzustellen. Um dies zu schaffen, ergreifen wir im wahrsten Sinne des Wortes Partei, und zwar für die betroffene Person. Das heißt, wir schlagen uns auch innerlich auf die Seite der Person und richten dies konsequent und aktiv nach außen. Eine „neutrale“ Haltung in einer solchen Situation ist praktisch nicht möglich und auch nicht sinnvoll. Sie schadet am Ende nur der betroffenen Person und schützt die beschuldigte Person. Denn jede Art der Hinterfragung oder auch nur „nett gemeinte“ Nachfragen bringen die betroffene Person in eine Position, in der sie sich rechtfertigen muss und ihre Schilderung infrage gestellt wird. Dies sollte unter allen Umständen vermieden werden!

Mehrere Betroffene

Die oben genannten Grundsätze gelten genauso, wenn zum Beispiel zwei Personen jeweils übergriffig/diskriminierend gegenüber der anderen Person waren. Wir ergreifen dann für beide Personen Patei in dem Sinne, dass der eine Übergriff den anderen nicht rechtfertigen kann. Mehr dazu im Abschnitt >Intersektionalität.

4. Intersektionalität

Intersektionalität bedeutet, verschiedene Diskriminierungsverhältnisse zusammenzudenken und zu berücksichtigen. Dabei stellt sich auf der einen Seite die Frage, wie wir alle konstruktiv damit umgehen können, jeweils nur begrenzt auf das (Erfahrungs-)wissen verschiedener Herrschaftsverhältnisse bzw. Diskriminierungsformen zurückgreifen zu können. Für uns ist es wichtig, uns Wissen anzueignen, einander zuzuhören und unser Auftreten in der Nachbereitung zu reflektieren und Raum für Kritik zu öffnen. Auf der anderen Seite bedeutet Intersektionalität für uns, einen Blick für Mehrfachdiskriminierungen zu haben, sowie das Umfeld und den Kontext gewaltausübender Handlungen zu berücksichtigen. Das heißt, dass wir bei einem Awareness-Fall darauf achten, wer hier warum durch wen verletzt wurde. Haben sich beispielsweise beide Personen im Kontext von unterschiedlichen Diskriminierungsverhältnissen verletzt? Außerdem versuchen wir im Umgang mit der gewaltausübenden Person deren Kontext zu berücksichtigen. Zum Beispiel wirken wir darauf hin, dass gegenüber Personen ohne gesicherten Aufenthaltsstatus nichts unternommen wird, was diesen Aufenthaltsstatus gefährden könnte.

Für den Fall, dass sich beide beteiligten Person jeweils gegenüber der anderen Person diskriminierend verhalten haben, gilt folgendes für uns:

Wir unterstützen es nicht, eigene Diskriminierungserfahrung mit diskriminierendem Verhalten zu beantworten. Sich zu wehren, zu schützen und zu behaupten sollte ohne Diskriminierung stattfinden. Im konkreten Fall gilt für uns, dass beide Betroffene die Definitionsmacht haben und für sich benennen, was für eine Form von Diskriminierung und Gewalt das war und welche Begriffe sie benutzen. Wir begegnen beiden Betroffenen solidarisch und parteilich und versuchen auf einen Aushandlungsprozess hinzuwirken. Jede betroffene Person bekommt mindestens ein*e Ansprechpartner*in, der*die sich parteilich mit der Betroffenen erklärt. Ziel sollte dabei sein, dass beide Personen sich gegenseitig zuhören und die jeweiligen Diskriminierungsverhältnisse wahrnehmen. Die Auseinandersetzung mit den Betroffenen sollte möglichst zeitgleich erfolgen. Sollte es uns nicht möglich sein, einen Aushandlungsprozess zu erreichen bzw. beide Betroffenen den Rausschmiss der jeweils anderen Person einfordern, müssen beide ggf. das Wochenende verlassen.

5. Vertraulichkeit

In einer typische Konstellation, bei der ein kleines Awareness-Team die Awareness-Arbeit auf einer größeren Party übernimmt, ist in der Regel klar, dass sich das Awareness-Team miteinander austauschen wird. So ein Austausch ist auch wichtig, damit Mitglieder des Awareness-Teams nicht mit einer möglichen emotionalen Überfordernug alleine gelassen werden.

Bei uns ist die Lage etwas verstrickter, weil eine betroffene Person, die sich jemandem anvertraut, womöglich nicht möchte, dass gleich alle Teilnehmer*innen des Wochenendes davon wissen. Seid euch darüber bewusst und klärt am besten frühzeitig ab, wem sich die betroffene Person anvertrauen möchte und wem nicht. Und macht aus dem, was euch anvertraut wurde, keinen dummen Szene-Tratsch.

6. Praktische Tipps / Handlungsempfehlungen

Achte auf deine eigene Verfassung

1. Damit du angemessen auf einen Awareness-Fall reagieren kannst, ist es wichtig, dass du auf deine eigene Verfassung achtest. Wenn du dich nicht in der Lage fühlst einer Person zu helfen, kommuniziere das anderen Personen auf dem Wochenende. Es findet sich sicher eine Person, die für dich einspringt, oder unterstützen kann. Wenn du eine Person siehst, die in eine Situation interveniert, biete Unterstützung an.

2. Achte auch auf dich und deine Gefühle. Es kann teilweise sehr belastend sein, mit schwierigen Situationen anderer konfrontiert und einer unterstützenden Funktion zu sein. Sowohl die Angst vor Verantwortung als auch die Angst vor konkreten Situationen sollen ihrem Raum haben können (natürlich nicht bei der betroffenen Person!). Suche dir Unterstützung und fordere diese von den anderen ein. Wenn du von Menschen mitbekommst dass sie im Laufe des Wochenendes die Aufgabe übernommen haben, erkundige dich wie es denen geht und biete Unterstützung an.

3. Solltest du dich emotional überlastet fühlen, dann kannst du das dem Rest der Gruppe mitteilen. Ihr könnt dann gemeinsam einen guten Umgang mit deinen Gefühlen finden. Wenn du anderen Details zum Vorfall erzählen möchtest, spreche das vorher mit der betroffenen Person ab. Verspreche der betroffenen Person auf keinen Fall Vertraulichkeit, wenn du dich nachher nicht daran halten kannst.

Im Gespräch

Wenn du in übergriffigen Situationen intervenierst, glaubst diskriminierendes Verhalten beobachtet zu haben oder auf eine Person reagierst, die dieses angesprochen hat, versuche folgendes zu beachten:

1. Ist die betroffene Person damit einverstanden, dass du dieses Gespräch führst? Möchte sie lieber mit einer anderen Person sprechen als dir? Wenn ja, verlange nicht nach Erklärung sondern organisiere, dass passende Unterstützung da ist.

2. Können du und die betroffene Person sich ausreichend gut verständigen? Falls nicht, kann eine andere Person aus der Gruppe mit der betroffenen Person reden oder wird die betroffene Person von einer Bezugsperson begleitet, die zum einen übersetzen kann und mit der sie sich wohl fühlt?

3. Suche einen Ort, an dem in Ruhe ein Gespräch stattfinden kann (z.B. Rückzugsort).

4. Lass dir und der betroffenen Person viel Zeit (in Krisen ist „Tempo rausnehmen“ wichtig)

5. Sei dir bewusst über deine eigenen emotionalen Limits. Mache sichtbar, wenn du der Situation nicht gerecht werden kannst. Kümmer dich in diesem Fall darum, dass noch andere Unterstützung da ist (andere Mitfahrende, Beratungsstellen, vielleicht Vertrauenspersonen aus dem Umfeld der betroffenen Person, oder was euch gemeinsam noch einfällt).

6. Teile der betroffenen Person mit, dass das Gespräch vertraulich bleibt, wenn das nicht anders gewünscht ist. Kläre, ob und wenn ja welchen anderen Personen sich die betroffene Person anvertrauen möchte.

7. Verdeutliche, dass du parteilich bist und auf der Seite der betroffenen Person stehst. Nur sie entscheidet, was sie braucht. Es wird nichts unternommen, was sie nicht möchte (siehe hierfür >Definitionsmacht und Parteilichkeit).

8. Bei Körperkontakt zum Trösten muss zuerst immer um Erlaubnis gebeten werden! Selbst ein „an die Schulter fassen“ kann übergriffig sein. Und auch das Nachfragen kann unangemessen sein. Hinterfrage selbst, ob du mit der betroffenen Person eine entsprechende Ebene hast.

9. Im Gespräch ist es vor allem deine Aufgabe zuzuhören. Lass der betroffenen Person deshalb viel Raum zum erzählen und stelle eher offene Fragen:

1. „Was ist dein Anliegen?“
2. „Wie kann ich dir helfen?“
3. „Was könnte dir jetzt gut tun?“

10. Du musst nicht unbedingt fragen/wissen, was passiert ist. Die Person soll sich nicht genötigt fühlen die ganze Geschichte oder Details erzählen zu müssen. Wichtig ist, der Person den Raum zu geben, zu erzählen, was sie möchte.

11. Wir sind keine Psycholog*innen! Psychologisch vertiefende Fragen zum Geschehen bei der betroffenen Person können triggerend sein und von dir nicht aufgefangen werden. Fragen wie „Wie fühlt sich das an?“, „Woher kennst du das?“, „an welche Situation erinnert dich das?“ und ähnliche Fragen sind deshalb zu vermeiden.

12. Wenn du einen Vorschlag machen willst, dann vergewissere dich, ob die betroffene Person überhaupt für Vorschläge offen ist und biete ggf. direkt mehrere konkrete Optionen an. So ein Vorschlag darf nicht alternativlos im Raum stehen.

13. Zum Ende des Gesprächs kann es hilfreich sein, alternative Support-Strukturen wie Freund*innen auszuloten, auf die die betroffene Person zurückgreifen kann. Ggf. können der Person mehrere Beratungsstellen oder Kontaktdaten genannt werden oder der Kontakt hergestellt werden.

Konfrontation mit der gewaltausübenden Person

Es ist möglich, dass die betroffene Person das Bedürfnis hat, die gewaltausübende Person mit dem Übergriff zu konfrontieren, ohne sie rausgeschmissen haben zu wollen. Dies kann entsprechend den Bedürfnissen der betroffenen Person sowohl in ihrer An- als auch in ihrer Abwesenheit stattfinden. Dabei ist es wichtig, immer im Interesse der betroffenen Person zu handeln (siehe hierfür >Definitionsmacht und Parteilichkeit). Deshalb sollte sich vor der Konfrontation darüber verständigt werden, welche Rolle die betroffene Person und du dabei einnehmen:

1. Was soll der gewaltausübenden Person vermittelt werden?

2. Wer soll was sagen?

3. Welche Reaktionen der gewaltausübenden Person sollen (wie) sanktioniert werden?

4. An welcher Stelle sollte das Gespräch beendet werden?

Hierbei ist es wichtig, nach der Konfrontation ein zweites Gespräch mit der betroffenen Person zu führen, um gemeinsam über den Verlauf der Konfrontation zu reflektieren. Natürlich kann die Konfrontation auch ohne dich stattfinden. Alternativ möchte sie die gewaltausübende Person vielleicht mit jemand anderem aufsuchen.

Rausschmiss

1. Es ist möglich, dass die betroffene Person möchte, dass die gewaltausübende Person die Veranstaltung verlässt. Dies muss der gewaltausübenden Person ruhig, aber bestimmt mitgeteilt werden. Gegebenenfalls können zur Unterstützung weitere Personen aus der Fahrt und/oder andere Verantwortliche dazugeholt werden. Ob die betroffene Person dabei sein möchte oder nicht, bleibt ihr überlassen.

2. Helft der rausgeschmissenen Person beim Packen und organisiert zusammen die Abreise. Besprecht auch, wie ihr miteinander verbleibt und nach dem Wochenende Kontakt aufnehmen wollt.

Abbruch des Aktionswochenendes

Sollte unter Absprache miteinander festgestellt werden, dass unter keinen Umständen ein Fortlaufen des Seminarwochenendes möglich ist (z.B. durch übergriffige Grundstimmung der Gruppe), wird das Aktionswochenende unmittelbar abgebrochen.

Schuld/Verantwortung dabei trägt nicht die betroffene Person/Personengruppe.

7. Umgang mit der Polizei

In diesem Szenario geht es um Handlungsmöglichkeiten als Zeug*in von Polizeigewalt, insbesondere rassistischer. Diese wurde im Wesentlichen von der KOP Berlin übernommen. Für Handlungsmöglichkeiten als unmittelbar betroffene Person von rassistischer Polizeigewalt siehe hier: https://kop-berlin.de/schritte-gegen-polizeigewalt

1. Fragen Sie die Polizisten/innen nach ihren Dienstnummern. Die Verweigerung der Dienstnummer ist rechtswidrig; in diesem Fall verlangen Sie, den Einsatzleiter zu sprechen.

2. Wenn Zivilgekleidete behaupten, zur Polizei zu gehören, bestehen Sie darauf den Polizeiausweis zu sehen.

3. Fordern Sie bereits vor Ort, als Zeuge/in aufgenommen zu werden! Stellen Sie sich auch den Betroffenen als Zeuge/in zur Verfügung. Bitten Sie Umstehende, das ebenfalls zu tun. Im Fall einer Festnahme erfragen Sie unbedingt Namen und Adresse der*des Abgeführten!

4. Wenn Sie Anzeige erstatten wollen, dann erstatten Sie diese bei der Staatsanwaltschaft. Eine Dienstaufsichtsbeschwerde können Sie beim Berliner Polizeipräsidenten am Platz der Luftbrücke 6 stellen.

5. Wenn Sie Opfer oder Zeuge*in einer Festnahme oder eines rassistischen Polizeiübergriffs werden, schreiben Sie den genannten Vorgang so genau möglich in einem Gedächtnisprotokoll auf:

a) Ort und Zeitpunkt des Vorfalls
b) Beobachtete Handlungen
c) Personenbeschreibungen
d) Kontakte zu anderen Zeugen/innen
e) Dienstnummer der Beamten/innen
f) Helmnummer der Beamten/innen
g) Autonummern der Polizeiwagen

6. Die betroffene Person oder du als Zeug*in sollten den Notdienst der Strafverteidiger/innen umgehend anrufen: 0172 325 55 53. Dieser ist 24/7, auch am Wochenende, erreichbar. (https://www.strafverteidiger-berlin.de/notdienst/)

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