Bericht vom Buko 2019 der DFG-VK in Frankfurt

Auf dem Bundeskongress der DFG-VK waren Marc und Jan von der AMAB als Delegierte vom Landesverband Berlin. Alle zwei Jahre treffen sich Delegierte aus allen interessierten Gliederungen der DFG-VK um neue Leute zu wählen, die Satzung zu ändern und sowas halt. In einem Interview berichten die beiden, was sie erlebt haben.

Worum ging es dieses Jahr so?

Marc: Prägendes Thema beim Buko war die Debatte über das Konzept „Sicherheit neu denken“ der badischen Landeskirche. Prinzipiell kann ich dem Gedanken, den Sicherheitsbegriff zu „re-claimen“, etwas abgewinnen. Aber die Frage bei solchen Aneignungen von Debatten ist dann die Frage, wie mit welchen Inhalten man sie füllt. Dabei wird versucht, den Sicherheitsbegriff dahingehend zu verschieben, dass er eine soziale Komponente bekommt. Mir fehlt bei dem Konzept die antikapitalistische Perspektive. Das wird nirgends da kritisiert.

Jan: Im Gegenteil. Bei der Vorstellung des Konzepts am Freitag Abend wurde mehrmals sowas wie der bürgerliche liberale Rechtsstaat, was ja die aktuelle Verfasstheit des Kapitalismus in sogenannten „Westen“ ist, völlig unkritisch als das Nonplusultra dargestellt. Dabei floss sogar noch eine koloniale Perspektive in die Argumentation mit ein. Sinngemäß lief die Argumentation auf dem Podium so: In Afrika sind „die noch nicht so zivilisiert“, da braucht man noch Armee und Polizei, „bei uns“ könne das Militär abschaffen und bräuchte nur noch die Polizei.

Marc: Schließlich hätten „wir“ hier in Europa auch den Friedensnobelpreis bekommen und wüssten seit X-Jahrzehnten, wie das mit dem Frieden klappt. Aktuelle Debatten um Militarisierung von Polizei oder Ver-Polizeilichung von Militär kommen in dem Ding überhaupt nicht vor und entsprechend fehlen kritisch-selbstreflexive Perspektiven bei Autoren.

Jan: Schon in der VA am Freitag und erst recht am Samstag in den Arbeitsgruppen dazu kriegten die dann auch ordentlich Kontra wegen dieser Verklärung der Polizei. Da merkte man deutlich, wer bei sich Zuhause Straßenaktionen macht, und dementsprechend schon mal mit „Widerstand gegen Polizeibeamte“ zu tun hatte, und wer eher am Schreibtisch symbolische nette Aktionen entwirft.

Jan: In den Arbeitsgruppen am Samstag Vormittag wurden auch deutlich, dass die nen UN-Weltstaat, der eigene „robuste“ Polizeikräfte hat, auch voll gut finden würden. Das so eine UN-Polizei vor allen für das Funktionieren des Kapitalismus unerlässliche Institutionen wie Eigentumsrechte schützen würden, stand auch kaum zur Debatte (und das so eine UN-Polizei z.B. den Snowden längst eingesammelt hätte, ist mir leider zu spät eingefallen. Im Nachhinein würde ich das gerne den UN-Fans sagen…). Und so wurde das Konzept dann am Ende auch als „Arbeitsschwerpunkt“ angenommen, und das Mitmachen der DFG-VK in der Kampagne beschlossen. Wir haben dagegen gestimmt und waren damit Teil einer eher kleinen Gruppe. Unsere Hoffnung war es dann, dass sobald bei den Kirchen der Hype um das Teil abflaut, auch die Relevanz im Verband sinkt weil es niemand mehr pusht… mal gucken.

War die notwendige Abgrenzung gegen rechtsoffene Teile der Friedenserstarrung ein Thema auf dem Buko?

Jan: Ein anderer Punkt war die Debatte um den AfD-Antrag am Samstag. Es ging darum, einen Unvereinbarkeitsbeschluss gegen die AfD in die Satzung zu schreiben. Am Ende wurde er zwar angenommen, aber jede Menge Leute waren sich nicht zu schade, völlig schamlos jede Menge rechtsoffenes Zeug zu sagen. Es gab z.B. einen Redebeitrag, wo jemand sagte, dass das doch nicht
sein könne, dass man als „rechtsoffen“ diffamiert würde, nur weil man bestimmte „kritische“ Medien wie KenFm gut fände. Zum Glück hat jemand dann in meinen Augen völlig zutreffend: „Genau das ist rechtsoffen“ gepöbelt. Solche vermeintliche Gegenargumente zeigen leider sehr deutlich die Notwendigkeit solcher Anträge.

Marc: Dominant bei denen war die Forderung weiterhin mit Rechten reden wollen zu dürfen! Davon hat der Antrag allerdings nie etwas eingeschränkt. Es ging schlicht um organisatorische Unvereinbarkeit. Dieser Gap beherrschte die Nebelkerzen der Antragsgegner*innen.

Jan: Ein von einem weiteren Delegierten aus Berlin eingebrachter ergänzender Änderungsantrag, die AfD explizit als „faschistisch“ zu bezeichnen, fand ich gut und wurde auch vom Plenum angenommen. Was nicht so gut ist, dass in dem Beschluss jetzt steht, dass wir jede Gewalt ablehnen. Also auch Notwehr. Erinnert mich an das Ding mit der Extremismus-Theorie… Aber vielleicht war das ein nötiges Zugehen auf bis zu dem Zeitpunkt unentschlossene dogmatische Pazifist*innen und Christ*innen. Danach gabs noch nen Antrag, auch „rechtsoffene“ Leute auszugrenzen. Leider änderten die Antrag stellende Ortsgruppe ihren Antrag dahingehend, dass sie das Wort „rechtsoffen“ mit Änderungsantrag raus nahmen. Dadurch verlor der Antrag leider an der in meinen Augen in der Debatte notwendigen Schärfe.

Marc: Einen Tiefpunkt gab es am Sonntag. Die Ortsgruppe Kassel hatte Anträge auf Amtszeitbegrenzung der* Bundessprecher*in und für eine Unvereinbarkeit von BSK und Bundessprecher*in gestellt. Ein Änderungsantrag versuchte mit nicht besonders geschickter Wortwahl hier auch eine Geschlechterquotierung einzuführen…

Jan: (unterbricht) … das Geschlecht des*der politischen Geschäftsführers müsse nach jeder Amtszeit wechseln… was dann diverse Geschlechtsumwandlungs-Zoten provozierte.

Marc: Ich denke, u.a. wegen der ungeschickten Wortwahl wurde das adressierte Problem nicht richtig deutlich und der Antrag abgelehnt. Angesichts des katastrophalen Gender-Verhältnisses im ganzen Verband und auch im U35-Netzwerk müsste da in meinen Augen viel mehr passieren.

Jan: 3 von 4 neuen U-35 BSKler*innen sind männlich und es brauchte die Nachfrage eines älteren Herren, wie sie denn das männliche Übergewicht im BSK verändern wollen – sie hatten leider keine wirklich überzeugende Antwort…

Marc: Wobei natürlich Quotierungen der Posten an der Spitze wiederum vor allem symbolischen Wert haben und die Geschlechterverhältnisse im Verband durch das „VK“ historisch-strukturell ungleich sind…

Stichwort Wahlen: Wie siehts mit den Wahlergebnissen aus?

Jan: Mit der BSK-Wahl bin ich gehtso zufrieden. Es wurden alle Kandidat*innen gewählt. Es sind jetzt fünf U35-Leute im BSK. Die Interessen von jungen Leuten im Verband dürften im BSK also durchaus Gehör finden. Aber von den latent rechtsoffenen Leuten ist auch wer drinne.

Marc: Es hat aber auch niemand irgendwie linksradikales für den BSK kandidiert. Da wird ein Gegengewicht gegen den dominierenden bürgerlichen Code im BSK fehlen. Ich glaube, für die inhaltliche Gesamtausrichtung des Verbandes wäre es besser, wenn im BSK auch noch zwei politisch erfahrene linksradikale Leute drinne wären.

Und sonst?

Jan: Das Essen: Die HU-Mensa Mitte konnte geschmacklich mithalten, liefert aber deutlich größere Portionen. Die Musik der Band am Samstag fand ich gut, aber da gehen die Meinungen vermutlich auseinander.

Marc: Die inoffizielle Dachterrasse des Herberge bot gerade nachts eine spektakuläre Aussicht auf Frankfurts Architektur. Über die Frage, ob Binding ein gutes Bier ist oder nicht konnte trotz massiver Verköstigung bei uns leider kein Konsens erzielt werden.

Infos zu erwähnten Verbandsinsidern:

Sicherheit neu denken. Eine Kritik von Cornelia Mannewitz:
https://www.dfg-vk.de/ueber-uns/verbandszeitung/2019-02/debatte-sicherheit-neu-denken-mannewitz

Der AfD-Antrag:
(hat irgend wer ne Ahnung, wo wir den online finden?)

Wir fahren übrigens im Februar zum Kongress feministische Friedensarbeit nach Hannover:
https://calendar.boell.de/de/event/feministische-friedensarbeit

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