Im U35-Netzwerk in der DFG-VK (Gruppe F) wollen wir in Zukunft zum Problem der Entwicklung und Verbreitung von autonomen Waffen arbeiten. In der auf diesem recht neuen Themengebiet führenden Kampagne „Killerroboter stoppen“ ist die DFG-VK seit jüngstem Mitglied. Angesichts der Wichtigkeit des Themas ist die Wahl eines schwarzen Zahnrades als Logo der Kampagne um so bedauerlicher.
Labels, die modernen Wappen
Label sind in der heutigen Zeit für politische Gruppen so etwas wie früher Wappen oder Fahnen. Mit ihnen versammeln wir uns, um uns für eine Sache einzusetzen und dies nach Außen und Innen auf den ersten Blick sichtbar zu machen. Typischer Weise wählen politische Gruppen deshalb Symbole, die darstellen, was sie erreichen möchten.
Zerbrochene Gewehre als Ziel
Bei der DFG-VG sind es die zerbrochenen Gewehre, die äußerst treffend den Willen, eine Welt zu schaffen, die ohne Krieg und Waffengewalt auskommt, ausdrücken. Bei uns bei der AMAB sind es die zerbrochen Gewehre, die ins Antifa-Logo eingefasst sind. Das soll unterstreichen, dass für uns das „Nie wieder Krieg!“ nach wie vor mit „Nie wieder Faschismus“ zusammen gehört.
Anti-Logos in Pink
Auch Anti-Logos sind denkbar und in der Friedensbewegung verbreitet. Ein gutes Beispiel dafür ist die Zielpyramide. Bei den Protesten am ehemaligen Bombodrom entwickelte sich diese Ziel-Markierung für Flugzeuge immer mehr zum inoffiziellen Erkennungszeichen. Damit es zum Symbol des Antimilitarismus werden konnte, musste das Symbol jedoch gebrochen oder transformiert werden. Dies gelang durch eine Aneignung mittels pinker Farbe. Verbreitet sind auch eindeutig ablehnende symbolhafte Darstellungen von Panzern, Raketen, Drohnen oder Flugzeugen, die durchgestrichen sind.
Das Aushängeschild mit Bedacht wählen
Die Funktion des Aushängeschilds, unter dem sich die angesprochenen Menschen versammeln können, sollte man bei der Wahl eines Logos im Hinterkopf haben. Wie schwer das mit einigen Symbolen ist, dürfte das Logo der Internationalen Kampagne gegen Killer-Roboter zeigen. Diese Kampagne spricht ein Problem an, dass in den nächsten Jahrzehnten ein großes Thema in der Friedensbewegung werden dürfte. Sie thematisiert die zunehmende Entwicklung und den Einsatz autonomer Waffensysteme.
Killer-Roboter für die post-heroische Gesellschaft
Autonome Waffensysteme sind unter anderen problematisch, weil sie das Krieg führen für post-materialistische Gesellschaften einfacher und billiger machen. Post-materialistische Gesellschaften neigen zu post-heroischen Ansichten. Das bedeutet, dass die jungen Leute aus dem Bildungsbürger*innentum heute nicht mehr wie 1914 jubelnd in den Krieg ziehen. Sondern sich lieber um ihre Work-Life-Balance sorgen machen und das Militär aus einer kulturelle Differenz heraus eher mit Skepsis betrachten. In so einer Gesellschaft ist es schwer vermittelbar, warum die eigenen Soldat*innen am Arsch der Welt für unverständliche geopolitische Machtspiele sterben müssen.
Interventionistische Kriege werden billiger
Mindestens seit der „Schlacht von Mogadischu“ und dem Scheitern der militärischen Interventionen in Somalia 1992 am Widerstand der öffentlichen Meinung in den kriegführenden westlichen Ländern, investieren diese Staaten gigantische Summen in Technologien, die eigene Verluste vermeiden sollen. Das hat das Führen von interventionistischen Kriegen wie in Afghanistan wahnsinnig teuer und aus Sicht der Militärs ineffizient gemacht. Die in den 2000er Jahren eingesetzten Söldner*innen und privaten Militärfirmen haben in dieser Frage aufgrund der damit verbundenen Skandale kaum Veränderung gebracht. Und anderen deshalb setzen die Militärs ihre Hoffnungen nun auf automatische Waffensysteme. Werden diese durch den Feind zerstört, gibt es keinen Aufschrei bei der eigenen Bevölkerung, da ja nur ein paar Millionen Sachschaden entstanden sind. Und damit sinkt die Hemmschwelle für das Führen von interventionistischen Kriegen deutlich.
Das Zahnrad bei der Kampagne gegen Kampfroboter
Für eine Kampagne gegen Kampfroboter gibt es also jede Menge gute Gründe. Leider ist das Logo der Kampagne sehr unglücklich gewählt. Es zeigt hauptsächlich ein schwarzes Zahnrad. In diesem schwarzen Zahnrad ist vor rotem Grund ein weißes Fadenkreuz abgebildet. Vermutlich soll das Zahnrad symbolisch auf Maschinen verweisen. Das Fadenkreuz legt nahe, dass diese Maschinen mit Schusswaffen zielen. Die rote Farbe verweist vermutlich auf den Zweck des Zielens: Das Töten.
Historische Belastung
Leider ist der Symbolgehalt des Zahnrads historisch belastet. Das Zahnrad ist in ganz Europa ein beliebtes Symbol des historischen Faschismus gewesen. Für den europäischen Faschismus symbolisiert das Zahnrad dem Kernbegriff einer autoritären Modernisierung. In der faschistischen Vorstellungswelt bedeutet Modernisierung, dass der „neue“ autoritäre Staat alles „Alte“, „Morsche“ überwinden würde. Unter „morsch“ wurden je nach Bedarf entweder die als „alt“ und „korrupt“ (was ein antisemitischer Chiffre ist) dargestellten Monarchien verstanden. Das Bild war aber auch anwendbar auf die auch als „entartet“ und „korrupt“ (hier ebenfalls als antisemitischer Chiffre zu verstehen) dargestellten Demokratien. Zudem drückt das Zahnrad für Faschist*innen aus, wie sie sich das Leben des Individuums im Faschismus vorstellen: Als Zahnrad im System, dass brav und ohne aufzumucken seine Aufgabe erfüllt und in der großen modernen Maschine der Volksgemeinschaft aufgeht.
Symbol der Deutsche Arbeitsfront
Diese Vorstellungen für das Individuum zeigen sich auch im deutschen Nationalsozialismus. Hier war das Zahnrad mit Swastika das Zeichen der „Deutschen Arbeitsfront“ (DAF). Dieser unfreiwillige Zusammenschluss wurde 1933 gegründet, um die Gewerkschaften zusammen mit den Arbeitgeber*innenverbänden ins Organisationsgeflecht des NS-Staates einzubinden und Selbstorganisation von Werktätigen zu verhindern.
Bis heute bei Nazis beliebt
Nur in der Original-Swastika-Variante der DAF ist das Symbol verboten. Aus diesem Grund und weil es einen direkten Anschluss an historische faschistische Symbolik ermöglicht, ist das Zahnrad auch bis heute bei Nazis beliebt. Die 1994 verbotene „Freie Arbeiterpartei“ (FAP) nutzte es. Diverse Kameradschaften und Online-Shops verwenden es bis heute.
Auch das THW verwendet ein Zahnrad
Auch dass mit dem Technischen Hilfswerk (THW) eine Bundesanstalt das Zahnrad als Symbol verwendet, ist kein Zufall. Das THW wurde 1950 gegründet. Dabei wurde auf die 1945 von den Alliierten zusammen mit der Wehrmacht aufgelöste „Technische Nothilfe (TN)“ zurück gegriffen. Die TN wurde 1904 von Militärs gegründet und war in der Weimarer Republik als staatliche Streikbrecher-Organisation und Freikorps der Rechten verschrien. Bereits zu dieser Zeit verwendete die TN das Zahnrad als Logo. Vermutlich aufgrund ihres Hintergrundes und der damaligen Eindeutigkeit überstand das Zahnrad-Logo sogar die sogenannte „Gleichschaltung“ 1933 ohne Ergänzungen mit der Swastika oder ähnlichen Symbolen.
Aufstandsbekämpfung
Im Zweiten Weltkrieg machte sich die TN unter anderem mit Unterstützung bei der Aufstandsbekämpfung in den besetzten Gebieten für den Vernichtungskrieg nützlich. Von den Kämpfen in Warschau gibt es Bilder, die TN-Mitglieder beim Feuerlegen an Wohnhäusern mit gigantischen Flammenwerfern zeigen. Und auch bei der Umsetzung der sogenannten Politik der „Verbrannten Erde“ leisteten die Träger des Zahnrades ganze Arbeit.
Gegründet mit SS-Generälen
Bei der Gründung des THW 1950 hatten die alten Chefs der TN (ohne ihre SS-Generalsränge) das Sagen. Diese griffen auch in der Bundesrepublik mit dem Zahnrad ein faschistisches Symbol wieder auf, ohne dass sich jemand daran störte. Angesichts dieser Geschichte des Symbols ist es ärgerlich, dass die internationale Kampagne gegen Killer-Roboter sich ausgerechnet auf das Zahnrad als Logo verständigt hat.
Logos weise wählen
Wir würden uns wünschen, dass in Zukunft die Friedensbewegung mehr historische Sensibilität bei der Auswahl von Symbolen verwendet. Gerade in einer Zeit, wo rechte Friedens-Wahnmachen in die Friedensbewegung drängen, das Bewusstsein für die deutsche Verantwortung für die Verbrechen des Nationalsozialismus durch das Weniger werden von Zeitzeug*innen schwindet, und die deutschen Verbrechen durch den Rechtsruck in der Gesellschaft zu „Vogelschiss“ erklärt werden, sollten wir uns ein historisches Bewusstsein erarbeiten, dass es uns hilft, zu vermeiden, dass wir unbewusst an die Symbolwelten unserer Feinde anzuknüpfen.
Mehr Infos:
http://www.killer-roboter-stoppen.de/tag/autonome-waffensysteme/