Wir fahren vom 12.10. bis zum 19.10.2021 nach Barcelona zum World Peace Congress. Was für einen Laden besuchen wir da eigentlich? Ein paar Hintergrund-Infos.
Das International Peace Bureau wurde 1964 gegründet und knüpft an eine von 1891 bis 1950 bestehende Organisation an. Das ganze war wie die 1892 gegründete Deutsche Friedensgesellschaft ein ziemlich bürgerliche Veranstaltung, bei denen es um Lobbyismus ging. Der Krimkrieg 1853-56, die deutschen Eroberungskriege 1864-1870 und der amerikanischen Bürgerkrieg 1864-1866 hatten in Teilen des Bürgertums ein Bewusstsein dafür geschaffen, wie blutig und brutal die kommenden industriellen Kriege werden würden.
Bürgerliche Lobby-Gesellschaft
In diesem Geiste gründete Henry Dunant 1863 das Rote Kreuz. Parallel dazu entstanden mehrere bürgerliche Organisationen wie die Deutsche Friedensgesellschaft, die versuchten, mit internationalen Friedenskonferenzen nach dem Vorbild der Gründung des Roten Kreuzes 1863 internationale Abrüstungs- und Friedensverträge zu erreichen. Zu dieser Clique einflussreicher Friedensbewegter aus dem Bürger*innentum gehörten auch der Waffenhändler Alfred Nobel und Bertha von Suttner.
Konferenz-Tourismus für ein Völkerrecht
In der Folge fanden ab 1863 mehrere zivilgesellschaftliche und staatliche Friedenskonferenzen statt. Frieden oder Abrüstung wollte da zwar keiner der Staaten, aber bis 1907 erreichte man immerhin im Wesentlichen die Kodifizierung des in weiten Teilen bis heute gültigen humanitären Völkerrechtes. Für 1914 und 1915 waren weitere Friedenskonferenzen geplant, die so etwas wie ein UNO mit einem Völkergerichtshof, der Streitigkeiten regeln sollte, geplant.
Bühnen für Politiker*innen
Staatliche und pazifistische Friedenskongresse gingen dabei Hand in Hand. Ähnlich wie die Kirchentage oder die NGO_Veranstaltungen rund um wichtige Kongresse heute boten die pazifistischen Kongresse den Politiker*innen eine Bühne. Und die Pazifist*innen suchten die Nähe zu den staatlichen Kongressen und versuchten dort zu Lobbyieren und sich als Wichtig zu inszenieren (damals konkurrierten NGOs auch schon um Spendengelder…) .
1. Zäsur: Der Völkerbund
Nach dem ersten Weltkrieg und der Etablierung des Völkerbundes übernahmen dessen Fürsprecher viele ideologische und rhetorische Argumente der bürgerlichen pazifistischen Gesellschaften. Gleichzeitig nahm der Einfluss dieser Gesellschaften ab, da sich zeigte, das Staaten und Regierungen mit netten Worten nicht zu überzeugen sind, sondern ihre Macht- und Gewaltapparate entgegen der bürgerlichen Ideologie selbstverständlich einsetzen, wenn sie es können.
2. Zäsur: Die Uno
Nach dem zweiten Weltkrieg versank das International Peace Bureau und seine Konkurrenz in der Bedeutungslosigkeit. Ein Grund dürfte das Entstehen der Unio gewesen sein, da deren Konferenzen NGOs ein viel attraktiveres Betätigungsfeld boten. Nach dem Tod des letzten Vorsitzenden Henry Golay wurde die Organisation abgewickelt. Eine bestehende Organisation mit Traditionslinien zu den alten Friedenbüros ist ausgerechnet der revisionistische und militaristische „Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge“.
Die Neugründung
1964 wurde das „International Peace Bureau“ wiedergründet. Leider erfährt man in den Propaganda-Darstellungen und auf Wikipedia nichts über die damaligen Interessenslagen und Motive bei der Wiedergründung. Auch darüber, was das IPB in der jüngeren Vergangenheit gemacht hat oder wie sich die Organisation im Kalten Krieg verhalten oder wie abhängig sie eventuell von Kohle aus Moskau war, erfährt man im Internet kaum. In jüngster Vergangenheit veranstaltete das IPB Kongresse gegen Nato-Standorte (die mit „Stopp Ramstein“ zusammen statt fanden) und mobilisierte zu Nato-Gipfeln, währen die russische Beteiligung in Syrien oder die Besetzung der Krim nicht kritisiert wurden. Es gibt auch ein regelmäßig stattfindendes Jugendforum. Immer mit dabei: Der über 60-jährige Reiner Braun.