Solidarität mit Schnappi: Hört auf mit dem Pressehass!

Vor ein paar Wochenenden war Antifa-Ratschlag. Schnappi von der Antiverschwurbelten Aktion wollte dort zusammen mit den Omas gegen Rechts einen Workshop zu Querfront und den Umgang damit geben. Doch er wurde nicht auf die Veranstaltung gelassen. Die Begründung des Awareness-Teams: Eine oder einige Teilnehmerinnen fühlten sich mit Schnappis Anwesenheit unwohl, weil er in einem Video sich mit Joerg Reichel solidarisiert und linken Pressehass kritisiert hatte. Wir finden den Vorgang krass uncool.

Die Vorgeschichte: Linke Demo greift Journis an

Der Journalismus-Gewerkschafter Jörg Reichel schrieb am 30. April auf Twitter, Demo-Teilnehmerinnen hätten ihm auf der „Take back the night“-Demo zweimal auf die Brust geschlagen und versucht, ihm und Kolleginnen die Kameras aus der Hand zu schlagen. Er schrieb außerdem, Anzeige erstattet zu haben (finden wir hochproblematisch). Die Demo-Teilnehmer*innen haben ihm darum gebeten, nicht zu filmen (finden wir sinnvoll), aber wenn man in der Öffentlichkeit demonstriert, muss man leider damit umgehen, dass die Presse filmen wird, und dass Joerg als Gewerkschafter dokumentiert wie die Presse behandelt wird.

Linker Pressehass

Am nächsten Tag wurde auf Indymedia ein Outcall veröffentlicht:

https://de.indymedia.org/node/275861

Zu dem Vorwurf, dass Demo-Teilnehmerinnen Journalistinnen angegriffen hätten, schreiben die Autorinnen des Indymedia-Postings lapidar: „Wir erkennen hier kein Fehlverhalten“. Wenn Jörg Reichel Angriffe auf Journalistinnen von linken Demos kritisiert, dann sei laut Indymedia-Post sein Ziel, „bestimmte Gruppen und Strömungen auf diese Weise zu beschmutzen und letztendlich mundtot zu machen. Ein solcher Angriff auf linksradikale Arbeit aus einem linksoffenen Gewerkschaftsmilieu ist nicht hinnehmbar.“ Dass Angriffe auf Journalist*innen aus emanzipatorischer Sicht nicht hinnehmbar sein könnten, kommt den Postenden hingegen nicht in den Sinn.

Schnappis Video

Das kritisierte auch Schnappi in einem kurzen auf Twitter veröffentlichten Video: „Ich finde nicht okay, dass Journis angegriffen werden von linken Demos. Das geht nicht.“ Schnappi kritisiert in seinem Video auch das Verhalten von Jörg Reichel: „Es ist scheiße, dass er Anzeige erstattet hat.“ Dazu, dass Jörg Reichel in einer brenzligen Demo-Situation gefilmt hat, sagt Schnappi: „Da kann man ihn auf jeden Fall für kritisieren, in kritischen Situationen mit den Bullen Pressefreiheit zu versuchen durchzudrücken. Aber ihn jetzt da anzugreifen für ist völlig daneben.“

Ausschluss wegen Statement gegen Pressehetze

Trotz inhaltlicher Differenziertheit wurde Schnappi wegen dieses Videos nicht auf den Antifa-Ratschlag gelassen. Pressehass war einigen Teilnehmerinnen offenbar ein so wichtiger politischer Grundsatz, dass sie zum Awareness-Team gingen und den Rausschmiss Schnappis forderten. Awareness-Teams sind dafür gedacht, betroffenenorientiert auf Übergriffe zu reagieren. Das wurde in unseren Augen von Teilnehmerinnen einfach ausgenutzt, um jemanden von der Veranstaltung zu schmeißen, weil er bei Pressehass nicht mitmacht.

Keine Kommunikation danach
Dass ein Awareness Team erstmal so handelt, ist verständlich. Was aber schade ist, ist dass der Antifa-Ratschlag im Nachhinein nicht mit Schnappi über diesen Rauswurf kommunizieren wollte. Schnapi musste dies erst beim Auswertungstreffen einfordern. Um angemessen miteinander Politik zu machen muessen wir mit einander reden und angemessen mit Fehler umgehen.

Kritik silencen, Täter schützen

Während Schnappi mit Hilfe des Awareness-Teams erfolgreich gesilencet wurde, werden Täter in linken Räumen immer wieder aktiv geschützt. Deswegen braucht es ja überhaupt erst Awareness-Teams, die sich dogmatisch an das Konzept der Definitionsmacht halten und Leute ohne große Diskussion rausschmeißen, wenn sich Teilnehmer*innen das wünschen. Denn in Szene ist genau wie im Rest der Gesellschaft leider null Verlass darauf, dass irgendeine emanzipatorisch sinnvolle Entscheidung daraus resultieren würde, wenn man Gewalt thematisiert. An dieser Unfähigkeit linker Räume im Umgang mit sexualisierter, sexistischer, rassistischer, antisemitischer oder anders gearteter struktureller Gewalt muss sich dringend etwas ändern.

Es ist keine Lösung, die Verantwortung für Entscheidungen einfach auf ein kleines Awareness-Team abzuwälzen. Wir hoffen, dass der Antifa-Ratschlag die Verantwortung wenigstens im Nachhinein übernimmt und den Vorfall aufarbeitet.

This entry was posted in Allgemein. Bookmark the permalink.