„Huch, was ist das denn?“ Das dürften sich heute auf dem Weg in die Mittagspause so manche Angestellten der Senatsverwaltung für Inneres, die auch für Verfassungsschutz zuständig ist, gefragt haben. Denn dort, direkt zwischen Haupteingang und U-Bahn Station Klosterstraße stießen sie auf eine überdimensionierte Sprechblase aus Pappe. Auf der Sprechblase steht: „Warum beobachtet der Geheimdienst Putin-Gegner*innen?“ Mitglieder der Antimilitaristischen Aktion Berlin hatten sich am Vormittag unbemerkt an den das Geheimdienst Gebäude engmaschig bewachenden Posten der Berliner Polizei vorbeigeschlichen und die Sprechblase platziert. Damit protestieren sie gegen die Nennung von den von ihnen initiierten Aktionen gegen den russischen Angriffskrieg im letzten jährlichen Geheimdienstbericht. „Geheimdienste neigen dazu, auf einem Auge blind zu sein!“ erklärt Jan Hansen, Sprecher*in der Antimilitaristischen Aktion Berlin. Deswegen müsse ein Denkzettel ein paar Nummern größer sein. „Wir möchten mit dem Denkzettel den Geheimdienst daran erinnern, statt Putin-Gegner*innen zu beobachten sich vielleicht dem Nazi-Terror in Neukölln oder Sachsen wie dem NSU zu widmen!“
Berliner Geheimdienst beobachtet Putin-Gegner*innen
Im Jahr 2023 machte sich das Berliner Amt für Verfassungsschutz unglaubwürdig, weil es sich in seinem „Verfassungsschutzbericht“ über Aktionen gegen den russischen Angriffskrieg mokierte. Deshalb verunglimpfte der Geheimdienst eine Kundgebung für Erneuerbare Energien vor der Gazpram-Zentrale mit symbolischen Pipeline-Sägen und das Verteilen von selbstgebastelten Leichensäcken als verfassungsfeindlich. Die Gruppe hinter den Aktionen, die Antimilitaristische Aktion Berlin machte das öffentlich und warf dem Geheimdienst vor, das dort wohl „putintollfindende Nazi-Prepper*innen“ arbeiten würden. „Geheimdienste hassen Öffentlichkeit“ sagt Jan Hansen, Sprecher*in der Antimilitaristischen Aktion Berlin. „Mit Öffentlichkeit wird man Geheimdienste am besten wieder los!“
Öffentlichkeit gegen Geheimdienste
Es folgten Medienberichte, eine Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus, eine parlamentarische Anfrage, Akteneinsicht für Abgeordnete und zwei Sitzungen des Geheimdienstausschusses mit kritischen Fragen an Geheimdienstboss Fischer (SPD) und Geheimdienstboss-Boss Hochgrebe (SPD, Staatssekretär). „Dank der Werbung durch den Geheimdienst hat sich unsere Reichweite auf den Sozialen Medien mehr als verdoppelt!“ freut sich Jan Hansen.
Keine Erkenntnisse
Die Statements von Fischer und Hochgrebe zeigen, dass der Geheimdienst keine verfassungsfeindlichen Erkenntnisse zur Antimilitaristischen Aktion Berlin habe. Fischer und Hochgrebe betonen, dass die Aktion im Geheimdienstbericht gelandet seien, weil Berichte darüber auf der linken Open-Content-Plattform „indymedia“ veröffentlicht wurden. „Wir haben das natürlich getestet“ sagt Jan Hansen. Die Gruppe habe sich in den Bundestag eingeschlichen. „Trotz der Kontrollen und Überprüfungen im Vorfeld hat uns niemand hindern können, dort Bufetts zu plündern und uns mit geschnorrten Champagner vollaufen zu lassen!“
Denkzettel für den Geheimdienst
Nun legte die Antimilitaristische Aktion Berlin nach. Die Gruppe platzierte einen riesigen Denkzettel in Form einer Sprechblase vor dem Innensenat. „In dieser Größe übersieht der Geheimdienst unseren Denkzettel hoffentlich nicht.“ erklärt Jan Hansen. Die Gruppe wolle den Geheimdienst mit der Aktion auch daran erinnern, wie viele blöde Fragen von Medien, Abgeordneten und Öffentlichkeit sie wegen der Nennung der Aktionen gegen den russischen Krieg der Antimilitaristischen Aktion sie beantworten mussten. Und daran, dass die Putintollfinder*in, die das verbockt hat, hoffentlich längst in die Besenkammer versetzt wurde. „Die Imagewerbung ist zwar nett, aber falls wir im nächsten Geheimdienstbericht im Juni 2024 wieder drinne stehen, kann sich der Geheimdienst auf neue nervige Aktionen und noch mehr Fragen gefasst machen!“
Mehr Infos:
Kundgebung vor dem Abgeordnetenhaus:
https://amab.blackblogs.org/2023/08/28/protest-vor-dem-agh-warum-beobachtet-der-geheimdienst-putin-gegnerinnen/
Champus-Saufen im Bundestag gegen Überwachung:
https://amab.blackblogs.org/2023/10/20/champagner-saufen-im-bundestag-gegen-geheimdienst-ueberwachung/