Wagenknechts Querfront unter antimilitaristischer Beobachtung!

Am Samstag war ein Team aus Antimilitaristischer Aktion Berlin und DFG-VK Berlin am Brandenburger Tor im Undercover-Einsatz. Der Auftrag: Kriegsfreundinnen, Schwurbel und Nazis identifizieren, neue Querfrontfreundschaften beobachten und eine erste Einschätzung liefern zur Demo „Nein zu Kriegen!“. Unsere Einschätzung: Noch weniger Menschen als im Februar. Fast null Kritik an Russland. Hardcore-Neonazis nahmen nur vereinzelt teil, die Verschwörungsspinnerinnen sind jedoch gern gesehen. Das verbindende Element dabei: Antisemitismus.

Reiner Braun trommelte zum 24.11. mal wieder die bundesdeutsche Friedenserstarrung zusammen. Monatelang war er in Berlin auf den Mini-Kundgebungen der Verschwörungsspinnerinnen, die jetzt auf Frieden machen, um diese ganz gezielt in das, was er „Friedensbewegung“ nennt, einzubinden. Parallel organisierten er und seine Kumpelz aus der „Koordination für den Frieden“ Selbstvergewisserungsveranstaltungen, wo man sich gegenseitig einredetet, dass das bisschen Wahnsinn, das bisschen Judenhass und das Anbiedern bei der AFD genau gar nix mit „rechtsoffen“ zu tun habe.

Compact-Nazis und DFG-VK friedlich vereint

Nun war es soweit: Die bundesweite Mobilisierung hatte einen bunten Haufen in die Berliner City gespült. Wie schon im Februar schaffte es die Orga, eine nicht kleine Menge von linken und rechten Wutbürgerinnen zu versammeln. Quasi Hand in Hand paradierte eine erstaunliche Gemengelage an uns vorbei: Die AfD-Leute mit den türkischen Arbeitervereinen, VVN mit Compact, Corona-Schwurbel mit skurrillen K-Gruppen, DKP und Jusos mit Antisemitinnen usw. Und mittenmang immer wieder vereinzelt Banner und Fahnen der DFG-VK. Wir finden: Das schadet dem Verein!

Rückläufige Teilnehmende
Unsere hoch-wissenschaftliche Ermittlung der Demogröße ergab 10.000 Teilnehmende für den ersten Demoabschnitt – anscheinend werden wir weiter vom Geheimdienst abgehört, denn die Berliner Polizei veröffentlichte später das Ergebnis unserer Zählung! Die Veranstalterin behauptete später 20.000. Die Wagenknechte waren wohl so von sich selbst besoffen, dass sie alles doppelt gesehen haben. Obwohl Reiner Sarah Wagenknecht als Hauptredner*in gewinnen konnten, gelang es dem versammelten Friedensschwurbel also nicht, an die Teilnehmendenzahl der Wagenknecht-Schwarzer-Chrupalla-Demo im Februar anzuschließen. Damals drängte sich die Kundgebung bis knapp ans sowjetische Ehrenmal, diesmal ging die Crowd nicht annähernd so weit.

Nazis?
Im Aufruf fehlt folgerichtig zu Reiners Integrationsbemühungen jegliche Distanzierung von politischem „Wahnsinn“ (wie Reiner immer so gerne in seinen Wortbeiträgen schreit). Lediglich gut versteckt unter „Organisatorisches“ findet man „Rassismus, Antisemitismus, Faschismus und alle Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit lehnen wir ab. Deshalb gibt es keine Zusammenarbeit mit der AfD und anderen rechtsextremen Kräften. Entsprechende Äußerungen oder das Zeigen einschlägiger Symbole haben auf der Kundgebung und Demonstration keinen Platz. Das Zeigen von Nationalfahnen ist unerwünscht.“

Wie wenig das in der Praxis bedeutet, kann man sich auf der Demo anschauen. Echte Hardcore-Nazis sind uns auf der Kundgebung nur vereinzelt über den Weg gelaufen. Wir beobachteten, wie ein „Reichsbürger“ völlig unbehelligt durch Ordner*innen Parolen rufend Infomaterial verteilen konnte. Und schon wieder dabei: Die notorischen Oberhavel-Trommler. Kaum einen rechten und rechtsextremen Aufzug in der Region lassen sie aus. Sie trommeln gerne für die AfD und die „Freien Brandenburger“ (zuletzt im September in Cottbus).

Abgrenzung leicht gemacht
Die prägendsten Teilnehmerinnen aus dem Nazi-Spektrum waren die Anhängerinnen des Compact-Magazins mit ihren „Ami-go-home“-Fahnen. An diesen konnte man auch sehen, was die Braunsche Friedenserstarrung unter „Abgrenzung“ versteht. Wir konnten beobachten, wie Ordner*innen diese Nazis ansprachen, durchsetzten, dass diese mit Tape den Schriftzug „Compact“ abklebten. Danach durften die Nazis selbstverständlich weiter an der Kundgebung teilnehmen.

Verschwörungsknallis?
Wer jedoch reichlich vertreten war, waren die Corona-Verschwörungsknallis. Die Berliner „Freedom Parade“ um Michael Bründel stellte sogar eine Lauti-Wagen. Deren Antisemitismus und ständiges Kuscheln mit Nazis schien niemanden zu stören. Auch bekannt aus der Riege der Impfskeptiker und Verschwörungsfreunde: Die Basis. Wenn auch nur im Kleinformat, waren dennoch Personen mit Fahne und Papp-Umhänger mit am Start.

Schlimm auch dieses Bild: VVN-BdA Seit an Seit mit der „Freien Linken“:

Das die ach so staatskritischen autonomen verschwörungsgläubigen Hetzerinnen ihre Autos ausgerechnet wie Polizeifahrzeuge anmalen, spricht Bände über deren autoritären Charaktere:

Rheinmetall entwaffnen?
Besonders entsetzt waren wir in diesem Zusammenhang von „Rheinmetall entwaffnen“. Diese Gruppe lief mit ihrem Block direkt hinter dem Lauti-Wagen der „Freedom Parade“ ohne an deren Teilnahme was auszusetzen zu haben (das Bild ist von Schnappi und den Antifa-Echsen):

Russland?
Angeblich wollte man auf der Demo keine Nationalfahnen. Fahnen von Palästina und Russland konnte man jedoch von den Ordnern ungehindert zeigen. Was hingegen fehlte: Positivbezug auf die Ukraine, oder auch nur irgendeine ernstgemeinte Emapathiebekundung, die nicht Täter-Opfer-Umkehr betreibt.

An der russischen Botschaft zeigte sich das Verständnis zum Krieg in der Ukraine sehr anschaulich: Den auf dem Mittelstreifen stehenden Ukrainern (an der Stelle wo die Blumen und Grabkerzen stehen) kam aus der Demo der Ruf: „Vertragt euch mit euern Brüdern!“…Als hätten diese eine Wahl.

Antisemitismus?
Überhaupt: Antisemitismus. Das scheint der entscheidene Kitt zwischen den Teilnehmenden zu sein. Das Thema „Gaza“ kam im Aufruf nicht vor, doch selbstverständlich nutzten diverse Teilnehmende und auch Protagonist*innen auf der Bühne die Demonstration, um unwidersprochen ihren Israelhass zu zeigen.

Und das Morden ins Israel?

Im Gegensatz zu uns hatte Julius Geiler von Tagesspiegel genug Aufmerksamkeit, um auf die Beiträge zu achten. Er schreibt (Zitatanfang): „Auf der Bühne am Brandenburger Tor stand später auch der Musiker Pablo Miró. Der deutsch-argentinische Sänger ist vor allem für seine politischen Liedtexte bekannt. Während seines Auftritts verglich er die Bombardierung von Gaza mit dem Holocaust, was als Relativierung der Shoah interpretiert werden kann. Zudem wies er darauf hin, dass es für Palästinenser in Deutschland keine Stolpersteine gebe.“ (Zitatende).

Der Judenhass zeigt sich auch auf den Plakaten, die die Teilnehmenden mit sich trugen. Unser Highlight ist dieses Plakat, dass fordert: „Befreit Palästina von deutscher Schuld“:

Fast schon clever: Lügen mit Karten:

Bild 1 tut so, als hätte es 1947 ein Land namens Palästina gegeben. Außerdem tut es so, als wären alle nicht von Israelis besiedelten Wüstenflecken von Araberinnen besiedelt gewesen.

Beim Sprung zwischen Bild 2 und Bild drei unterschlägt die Karte, dass der Staat Israel in der Zwischenzeit ständig angegriffen von den arabischen Staaten wurde, deren Armeen dabei in Dauerschleife richtig peinlich verloren haben und das damit die arabischen Staaten durch ihre Angriffe (und ihr militärisches Versagen) massive Mitschuld an den Grenzverschiebungen tragen.

Und an Bild 4 ist ungefähr alles falsch…

Ähnlich sonderbar ist auch dieses Geschichtsbild:

Als ob es nicht gerade die Politik Arafats und der PLO waren, die in den 2000er Jahren die Zwei-Staaten-Lösung sabotiert haben…

Richtig krass ist dieses Bild:

Im Aufruf kein Wort zu Hamas oder so, aber wir nutzen mal die Demo gegen die Aufrüstung, um Israel als „Terror“ zu diffamieren. Zur Erinnerung: Über Russland und den Besatzungsterror Russlands in den besetzten Gebieten in der Ukraine spricht niemand auf der Demo.

Doch es geht noch heftiger:

Genau da vor der russischen Botschaft, wo die ukrainische Comunity ihren Opfern gedenkt, stellt man sich als Friedensbewegung hin, und behauptet, dass Israel einen Völkermord in Palästina abziehen würde. Gleichzeitig verliert man auf der ganzen Demo faktenwidrig und vollverstrahlt kein Wort über Russland. Auch nicht vor dessen Botschaft. Tolle Friedensdemo.

Die Linke?
Richtig peinlich finden wir auch das Verhalten der Linkspartei. Statt froh zu sein, dass die Zarenknechte endlich nen Abgang gemacht haben, entschloss sich der Vorstand der Partei, auf den letzten Drücker, doch zu der Demo mit aufzurufen. Für die Linkspartei sprach Ates Gürpinar. Das DFG-VK-Mitglied grenzte sich zwar verbal von Nazis ab. Doch was das wert ist, zeigt ja die Praxis….

Spanndend: Ates fordert genau wie wir, gewaltfrei Druck auf die russische Regierung zu machen. Beim Marsch an der russischen Botschaft vorbei ist davon jedoch nichts zu spüren.

Kaltland
Als die Demo an der U-Bahn vorbeikam, dünnte der Demozug merklich aus. Auch uns wurde es allmählich zu kalt, und wir verzichteten gerne auf die Abschlusskundgebung. Mit der dort angesagten „israelkritischen“ Hetze wollten wir uns dann doch nicht das Wochenende vollständig verderben.

Fazit:
Ein kleiner Neuaufguss der Demo aus dem Februar, diesmal ohne Sahras Nachtwölfe (wir haben sie jedenfalls nicht gesehen). Die meisten Nazis haben nach wie vor kein Bock, bei den Friedenshippies mitzumachen (bis auf die Ausnahme des Milieus um Compact). Wer Reiners rechtsoffenes Angebot jedoch gerne annimmt, sind die Verschwörungswahnsinnigen, deren Milieu auch schon im „Friedenswinter“ 2014 auf Reiners Initiative hin gerne mitmachte. Seiner Idee einer Friedens-„Volksbewegung“ dürfte Reiner auch diesmal keinen Schritt näher gekommen sein. Doch Änderungen sind nicht in Sicht: Die Friedensbewegung wird die Demo sicher als ganz großen Erfolg feiern, weit und breit keine Nazis gesehen haben wollen und genauso problematisch weiter machen wie die letzten 30 Jahre…

Mehr Infos:

Hintergrundinfos zu Reiner Braun

Unser Bericht von der Wagenknecht-Schwarzer-Chrupalla-Demo am 24.2.2023

Unser Bericht von der Demo „Verhandeln statt Schießen“ am 2.10.2022

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